POLITIK Neuer Fundtiervertrag ab 2017 / Thema im Ausschuss
REISKIRCHEN – (vb). Wenn sich die Gemeindevertretung dem einstimmigen Votum des Haupt- und Finanzausschusses anschließt, dann ist ab 2017 nicht mehr das Gießener Tierheim, sondern der Verein „TierfreundLich“ für herrenlose Tiere zuständig, die innerhalb der Gemeinde Reiskirchen gefunden werden. Erstaunlich schnell verlief die Debatte am Montagabend in der Ratsstube des Reiskirchener Bürgerhauses. Der Gemeindevorstand hatte keinen Vorschlag gemacht.
Den Ausschussmitgliedern lag eine Kostenübersicht vor. Das Tierheim Gießen und „TierfreundLich“ haben unterschiedliche Abrechnungsmodalitäten. Bei den Gießenern geht es um die Zahl der Einwohner, die Licher berechnen die Kosten pro abgegebenem Fundtier. Für 2017 nennt das Tierheim einen Betrag von 0,80 Euro pro Einwohner. Das wäre dann bei 10 224 Reiskirchenern eine Summe von 8179,20 Euro.
Bei „TierfreundLich“ ist für Hunde und Katzen pro Tag eine Versorgungspauschale von 6,42 Euro fällig. Eine Kommune muss diese längstens 28 Tage zahlen. Hinzu kommt eine Pauschale für die tierärztliche Basisversorgung von 71,40 Euro. Zusammengerechnet sind das 251,16 Euro. Für kleine Heimtiere und Exoten wird eine Versorgungspauschale von 65,27 Euro berechnet.
Das Gießener Tierheim hat 2012 – neuere Statistiken liegen nicht vor – 25 Fundtiere aus der Gemeinde Reiskirchen aufgenommen. Multipliziert man diese Zahl mit den 251,16 Euro, kommt man auf 6279 Euro. Wenn es bei der geringen Zahl an Fundtieren bleibt, ist „TierfreundLich“ günstiger. Wenn es hingegen wie 2009 38 Fundtiere sind, liegt die Summe bei 9560,80 Euro – höher als beim Tierheim. Bei diesem steigt 2018 die Einwohnerpauschale auf 0,90 Euro. „TierfreundLich“ passt die Vergütung alle zwei Jahre nach dem Verbraucherindex des Statistischen Bundesamtes an.
Frank Arnold sprach sich im Namen der SPD für einen Vertrag mit „TierfreundLich“ aus. Dieser sei gerechter, weil pro Tier und nicht pro Einwohner abgerechnet wird. Für die Summe, die 2018 an das Tierheim zu zahlen wäre, könnten in Lich 37 Fundtiere aufgenommen werden.
CDU-Fraktionsvorsitzende Petra Süße verwies darauf, dass die Gemeinde vom Licher Verein Infos über abgegebene Tiere bekomme, vom Tierheim aber nie. Bei dem Vertrag mit den Gießenern handele es sich eigentlich um einen Betriebskostenzuschuss.
Existenzgrundlage
Karl-Heinz Scherer (FW) meinte, dass auf Dauer dem Tierheim die Existenzgrundlage abgegraben werde. Für Reiskirchen gehe es ums Geld. Er habe Bedenken und werde sich enthalten (Scherer stimmte aber dennoch mit Ja). Abschließend schilderte Marc Hartel (SPD) den gescheiterten Versuch, ein im Garten gefundenes Angora-Kaninchen beim Tierheim abzugeben. „Das war eine Voll-Katastrophe“, meinte er.
Der Vertrag mit dem Tierheim war bereits zum 31. Dezember 2015 ausgelaufen. Der Ausschuss bewilligte auch eine außerplanmäßige Ausgabe von 1857 Euro für die Fundtierbetreuung in diesem Jahr.
Lich, Pohlheim, Rabenau und Linden haben ebenfalls einen Vertrag mit „TierfreundLich“. Die Gemeinde Reiskirchen lieferte sich mit den Lichern einen jahrelangen Rechtsstreit um
Kosten für Fundtiere. Dieser endete 2014 vor dem Verwaltungsgerichtshof in Kassel, als die Gemeinde ihre Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen von 2012
zurücknahm. Die Gemeinde musste 6115 Euro plus Zinsen an „TierfreundLich“ zahlen.
Quelle: Gießener Anzeiger vom 02.11.2016